9. Juni bis 18. August 2021
Matias Bechtold und Maike Sander
Andere Welten
Matias Bechtold und Maike Sander zeigen im studio im HOCHHAUS eine Welt aus Pappe. Während Maike Sander sich für diese Ausstellung auf Vogelskulpturen konzentriert, erschafft Matias Bechtold Stadtlandschaften.
Die Ausstellung „Andere Welten“ gibt einen Einblick in die künstlerischen Möglichkeiten, die in dem profanen Material stecken.
„Matias Bechtolds Arbeiten faszinieren, da sie sowohl durch Mega-Strukturen als auch als Modelle von ganzen Stadtlandschaften oder von riesenhaften Bauten die Imagination beflügeln. Zugleich sind sie so reich an Details, dass man sich bei ihrer Betrachtung regelrecht in ihnen verlieren und dabei vergessen kann, dass es sich um ein Modell handelt. Für diese besondere Erfahrung zwischen Vision, Illusion und Realismus spielt aber nicht nur die Einheitlichkeit des Materials, aus denen sie gefertigt sind, eine wichtige Rolle. Vor allem die konsistente Faktur seiner Bearbeitung, in der das Material fast zum Verschwinden gebracht wird, ist wesentlich. In ihrer konzeptionellen und künstlerischen Geschlossenheit bringen Bechtolds Werke in der Tat ganz eigene Welten zur Anschauung, die die Welt, in der wir leben, kritisch-ironisch kommentieren oder gezielt übersteigen.“ (Laura Mars, 2015)
Mathias Bechtold, 1955 auf Ibiza geboren, baut Modelle von Häusern und ganzen Stadtlandschaften aus Verpackungen im weitesten Sinn. Aus Kuchenverpackungen oder Sushiboxen schichtet er Wolkenkratzer mit kuriosem Innenleben, aus Pappe Städte und Inseln. Teils fiktiv oder von der Literatur angeregt, etwa von Alfred Kubin, oder ausgehend von Vorhandenem als Projektion in eine Zukunft. So sind Städte wie Köln oder Berlin mit Hochhäusern und futuristischen Verkehrswegen entstanden und ist Ibiza zu einem einzigen urbanen Geflecht zusammengewachsen.
„Maike Sander setzt die Dinge in Beziehung zu den Menschen. Und siehe da – die Dinge sind belebter, als wir dachten. Der Staubsauger, asthmatisch, verdient sich sein Gnadenbrot, egal, ob er noch saugt oder nicht. Der Fisch: ein Lebewesen, nicht nur eine leckere Auslage im Fischgeschäft. Der Affe: dito – und? Sieht er nicht ein bisschen aus wie Onkel Herbert? So werden eben auch Stühle zu etwas wie Verwandten, Bruder und Schwester. Man muss sich nicht unbedingt lieben um miteinander verwandt zu sein, das kommt in den besten Familien vor. Diese Stühle werden nur noch selten gerückt, sie bewegen sich in sich selbst und ächzen unter der Last des Menschen.
(…) Das von Sander verwendete Material Papier, Karton und Algen ist per se ephemer. Man kann die Stühle und Sessel nicht besitzen, sie sind deutlich charakterisiert als künstlerische Artefakte ohne Gebrauchswert. Dafür vermitteln sie eine Idee des vergänglichen Seins, des jeweiligen Individuums, das einmalig und unwiederholbar ist.
(…) Vielleicht ist das das Wesen der Dinge wie der Menschen: das Altern, das stetige Verändern. Maike Sanders Plastiken schärfen aufs Neue den Blick für Ding und Mensch, vermitteln auf subtile Art und Weise einen Respekt, der uns aufmerksam macht für eine mögliche neue Nachhaltigkeit, die nicht nur unsere Beziehung zu den Dingen sondern auch zu den anderen Menschen betrifft.“ (Martin Stather)
Maike Sander, 1965 in Lüneburg geboren, beschäftigt sich schon lange mit diesem Material in ihrer bildhauerischen Arbeit. Neben Tieren, die sie meist in Originalgrößen erschafft und zum Teil mit anderen Materialien, wie etwa Algen, zum Leben erweckt, sind es auch Alltagsgegenstände, die als Vorlagen dienen. So hat sie gesamte Einrichtungen, vom Stuhl übers Bett bis hin zum Bademantel, aus Pappe geschaffen. Die offensichtliche Fragilität schafft eine spezielle Atmosphäre, die einer Musealität vergleichbar wäre, diese aber auch gleich wieder bricht.