Die Ausstellung CIRCUIT von Susanne Britz Eröffnet am 28. November 2023 um 18 Uhr und zeigt, bis zum 6. Februar 2024, ihren Kommentar zum Ort.
Ausgangspunkt von Susanne Britz transformativen Arbeiten sind Alltagsgegenstände aus genuin kunstfernen Lebensbereichen wie Wäscheständer, Geschirrmatten, Schaltpläne und Schablonen, Abflussrohre und Gymnastikbänder, alt und neu, Unikat und Massenware.
Diese Objekte aus Britz‘ heterogenem Materialpool werden zum primären Gestaltungsmittel ihrer Arbeiten, die meist raumbezogen und prozesshaft entwickelt werden und so in Beziehung zum umgebenden Raum treten.
In diesem Sinne interessiert Susanne Britz nicht das einzelne Objekt als solches, sondern sein Zusammenspiel in einem Beziehungsgeflecht, das die Künstlerin je nach Medium auf unterschiedliche Weise herstellt.
Durch die Integration jeder einzelnen Komponente in ein zeichenhaftes Gesamtgefüge erfährt dieses eine Umwertung. So verfremdet, verschiebt sich der Blick vom Einzelnen zum Ganzen. Unsere immer komplexer werdende, künstliche wie fragmentierte Alltagswirklichkeit wird von Britz mit einem Schmunzeln in laborartige Versuchsanordnungen verwandelt, die fremd und vertraut zugleich erscheinen.
Erster Teil Präludium Dunkelheit, Dunkelheit, brennend hell In den Wäldern der Nacht Weite blühende Wege, frische Zweige, Haine voller Düfte, Vögel und Geflüster, Der Ort, den man oft wiedersieht, und immer betrachtet Wind, der am Fuße der Schornsteine gurgelt, die Monate, Stunden und Tage….
Zu den Fenstern, die ein schöner klarer Strahl trüben will, So viele Strahlen, die alle zu spät kommen werden! gekrönt Von Freude und Blumen, im Weizen. Wind, der unten an den Schornsteinen gurgelt, dass Monate, Stunden und Jahre….
Der Mond, die Sonne, der Himmel und die Sterne Dort drüben, muhende Gruppen großer Ochsen mit trüben Augen So dass sie, eingetaucht in ihre Süße und ihr Gebet Klarer und besser gestimmt, kehren sie zurück. Für diejenigen, die sie nackt und ohne Schleier sehen, Der Mond, die Sonne, der Himmel und die Sterne!
Zweiter Teil Oraison
Dunkelheit, Dunkelheit, brennend hell
In den Wäldern der Nacht
Und der wahnsinnige Trieb dieser verzweifelten Seele,
Und das hatte, die Stirn kupfergekrönt, unter dem Mond
O geheimnisvoller Tod, o Schwester der Nächstenliebe.
Was für eine Seele sollte es sein, die in diesem alten Wald
Die, die Berge erklimmend, zum Himmel stürmt,
Große Nacht! August Heiligtum der Geheimnisse
Ahnherr des alten Meeres und Waldes
Zarte Kräuter, zehn
der Zweige, Stockrosen,
Und der Schatten, der bürstet, und der Wind, der knotet,
Und stark, mit den Fäusten seiner Wolken,
Am grünlichen Horizont die Sonnen zermalmt.
Giorgio Cappozzo & Robert Gschwantner
20. September bis 19. November 2023
The Perfect Circle, 8:58 min, 2007
Ein spiegelglatter See. Auf dem Wasser ein Ruderboot, darin ein elegant gekleideter Mann. Das Boot erreicht das steinumfasste Ufer. Der Mann betritt die gestutzte Grasfläche, läuft die minimalistische Kante des Kanals ab. Vor ihm erstrecken sich seriell wiederholte Baumquadrate, ein Kreis aus Wasser, Perspektivlinien. Auf den ersten Blick scheint die Videoarbeit The Perfect Circle (2007) in einer utopischen Landschaft gedreht. Die kühle Atmosphäre betont die akkuraten Geometrien aus Bäumen, Grün und Wasser. Doch dieser Raum ist real: Es handelt sich dabei um den Grand Canal im Park von Versailles. André Le Notrê entwarf diese Topografie einer künstlichen Natur. Er nahm damit bereits im 17. Jahrhundert eine moderne Raumgestaltung vorweg, die später die europäische Stadtplanung dominierte. Haupt-, Quer- und Diagonalachsen werden durch rund-, halbrund- und sternenförmige Plätze verbunden. 350 Jahre später tauchen die Geometrien des Achsenkreuzes und Kreises wieder auf: fernab von Europa bei den Planungen eines chinesischen Großprojektes. Lingang New City, eine am Reißbrett entworfene Hafenstadt für 800.000 Einwohner bekommt zum Zentrum ebenfalls einen See. Der Entwurf des Architekten Meinhard von Gerkan sieht eine moderne Idealstadt vor, auch hier bildet das Wasser den Mittelpunkt.
The Reflected Hexagon, 9:04 min, 2010
Schneekristalle bestehen aus Wasser und werden in der Luft gebildet. Bei tiefen Temperaturen formieren sie sich zu einfachen sechseckigen Prismen. Wasser und Luft werden hier als Metaphern eingesetzt – für den antiken Hafen Portus bei Rom sowie den Flughafen Tegel in Berlin. Schneekristalle, Portus und Tegel haben eine Gemeinsamkeit: ihre sechseckige Form.
1974 wurde der Flughafen Tegel eingeweiht, dessen sechseckiger Terminal formal wie funktional viele Ähnlichkeiten mit der antiken Hafenanlage Portus (112 n. Chr.) aufweist, die rund um ein sechseckiges Hafenbecken angelegt wurde.
Ähnlich wie bei Flughafen-Gates gab es an den Kais nummerierte Säulen, die den Schiffen zum Anlegen zugewiesen wurden. Es gab Geschäfte zur Versorgung mit Lebensmitteln und eine „Palast-Lounge“ für die Elite, die darin die Wartezeit bis zum Ablegen ihres Schiffes überbrücken konnte. Das Hafenbecken konnte bis zu 200 Großgaleeren aufnehmen, die sich darin – wie die Taxis in Tegel – im Kreisverkehr bewegten. Die Bildung einer Wasserströmung wurde aber durch die sechseckige Form verhindert. Portus und Tegel waren internationale Umschlagplätze, die durch ihre einzigartige Form die Versorgung und den Austausch von Menschen und Waren zweier Metropolen in unterschiedlichen Epochen effektiv ermöglichten.
EYE-LAND, Robert Gschwantner, 5:07 min, 2014
IJsseloog – das IJssel-Auge – kann man sich als ein mythisches Gebiet vorstellen, eine Insel mit einem Loch am Rande der bewohnten Welt. Unendlich tief, verbirgt es, was die Zivilisation vor sich selbst verbirgt. Paradiesisch und ruhig, von Pflanzen bedeckt und von wilden Tieren bewohnt und für normale Besucherinnen und Besucher unzugänglich, beherbergt die Insel in ihrer Tiefe den giftigen Müll, den die Zivilisation nicht mehr tragen kann. Die von Menschenhand geschaffene Insel inmitten des Ketelmeers in den Niederlanden fungiert als eine Art Black Box für die selbstzerstörerischen Anhäufungen der Zivilisation – eine Geschichte, die in periodischen Abständen abgekapselt werden muss, um weitergehen zu können.
Die Insel IJsseloog wurde 1999 in Form eines Auges fertiggestellt, dessen Pupille ein kreisrunder See von einem Kilometer Durchmesser ist. Der See dient als Deponie für verseuchten Schwermetall-Schlamm, der sich in den letzten 150 Jahren an der Mündung des Rheins und der Maas abgelagert hat. Die auf der Insel gelagerte Menge an Giftmüll beträgt 23 Millionen Kubikmeter und wird noch für die nächsten 30 Jahre Platz bieten, bis sie voll sein und vollständig versiegelt werden wird. Wenn das Projekt wie geplant verläuft, wird die Insel nach ihrer Versiegelung in eine ökologische Ferieninsel umgewandelt werden.
Robert Gschwantner
Backdrift
20. September bis 19. November 2023
Im Dezember 1999 havariert der Hochseetanker Erika vor der bretonischen Küste und verursacht einen enormen Ölteppich. Diesen metaphorischen Begriff für über das Meer schwappendes Öl habe ich in seine konkrete Bedeutung transferiert, indem ich vor Ort ausgeflossenes Erdöl einsammelte und damit dünne, transparente PVC-Schläuche füllte, aus denen ich zuvor einen Teppich geflochten hatte. Es war der Beginn einer Projektreihe, die sich mit europäischen Landschaften auseinandersetzt, die durch den Einfluss des Menschen auf außergewöhnliche Weise transformiert wurden. Ursprünglich auf die Ökologie ausgerichtet, erweiterte sich mein Fokus auf die topografischen Aspekte künstlicher Wasserlandschaften. Es sind Inseln, Seen, Kanäle, Wasserfälle, die aus politischen, wirtschaftlichen oder technischen Erwägungen konstruiert wurden und deren Entstehungsgeschichte teilweise Jahrhunderte oder Jahrtausende zurückliegt. Das Wasser konserviert diese artifiziellen Landschaftsformen und Grundrisse. Als Solitäre prägen sie die natürlich gewachsene Umgebung. Erdöl, Wasser, Schlamm und andere spezifische Relikte, die ich vor Ort sammle, werden wie Landschaftsreliquien bewahrt, indem sie als Füllmaterial für meine Teppiche und Bilder aus PVC-Schläuchen dienen.
Raum 2
Die Teppiche der Serie Lost & Found sind eine Art Remake und Fortführung meines Projekts Merci Total über die Ölpest, verursacht durch den Untergang des Öltankers Erika vor 20 Jahren. Während eine Ölpest mehr oder weniger lokal begrenzt bleibt, verteilen sich in den Weltmeeren jährlich Millionen Tonnen von Plastikmüll, der zum Teil wieder an die Strände gespült wird.
Im Jahr 2020 habe ich an einem Strand der kleinen, unbewohnten griechischen Insel Yalis Plastikpartikel, Sand und Meerwasser gesammelt und in handgeflochtene Teppiche aus PVC-Schläuchen gespritzt. In den Schläuchen sinkt der Sand im Meerwasser nach unten, während Plastikteilchen nach oben steigen, sich gegenseitig blockieren und ein zufälliges Muster bilden.
Raum 1
τέχνη (Techni), das griechische Wort für Kunst, ist ein passender Begriff, um die Landschaft um den Kanal von Korinth zu beschreiben. Der Kanal, der im 19. Jahrhundert mit großem Aufwand gebaut wurde, ist ein gewaltiger Eingriff in die Natur, trennt den Peloponnes vom Festland und macht ihn zu einer Insel. Nur wenige Jahrzehnte nach seinem Bau verlor der Kanal seine Bedeutung für die Schifffahrt, da moderne Schiffe zu groß für eine Durchfahrt sind. Geometrie, Landschaft, Technik, Kunst und Geschichte sind Facetten meiner Bildobjekte. Jede Arbeit aus der aktuellen Werkreihe The Dividing Line besteht aus mehreren Schichten und damit verwobenen Perspektiven. Den Bildträger überspannen PVC-Schläuche, die mit Meerwasser aus dem Kanal gefüllt sind. Dahinter befindet sich eine Glasplatte, die zur Hälfte mit einem geometrischen Motiv überzogen ist. Die nicht bemalten Leerstellen geben den Blick frei auf einen im Bildgrund montierten Spiegel. Je nach Blickwinkel des Betrachtenden spiegeln sich darin aktuelle Satellitenaufnahmen und Landschaftsbilder rund um Korinth aus dem frühen 19. Jahrhundert, eingerahmt von einem klassischen Holzrahmen. Der Effekt des Auftauchens der Landschaften entsteht dadurch, dass sich diese Landschaftsmotive auf der Rückseite der geometrisch bemalten Vorderseite befinden. Indem die Landschaft als ephemeres Spiegelbild erfahrbar ist, schwebt sie wie eine Erscheinung im Raum und verschmilzt mit der konkret fassbaren Vorderseite zu einem komplexen Ganzen. (Robert Gschwantner, 2023)
Bilder: Thomas BrunsBilder: Thomas Bruns
Bild: Bbeyond, 2022
PoDo – Performance Kunst Festival im studio im Hochhaus
1. bis 8. September 2023
In der Performance Kunst können Praktiken zusammengefasst werden, die sich nicht ganz in andere
Genres einordnen lassen. Daher ist auch die Praxis einer jeden Künstler*in einzigartig und hat ihre
eigenen Ziele und Prioritäten. Außerdem ist Performance Kunst oft mit dem Eingehen von Risiken
verbunden, sowohl in Bezug auf die künstlerischen Entscheidungen als auch auf die physischen
Anforderungen selbst. Risiko und „Care“ können im besten Fall zu kraftvollen und transformativen
Erfahrungen der Akteure und des Publikums führen.
Vo 1. bis 8. September 2023 zeigt das „studio im Hochhaus“ erneut zeitgenössische Performance
Kunst, die von lokalen und internationalen KünstlerInnen für diesen Anlass und Ort entwickelt
werden. Wir freuen uns besonders auf das studio im Hochhaus, denn es bietet interessante und
herausfordernde Rahmenbedingungen, vor allem im Zusammenspiel von Innen- bzw. Außenraum.
Es wird eine enge Zusammenarbeit mit der Grüntaler9 in Wedding stattfinden, die jeweiligen
Formate (Workshops, Gesprächsrunden, etc.) werden sich auf die beiden Orte verteilen.
Künstler*innen:
Lan Hung (Taiwan/Deutschland), Myriam Laplante (Kanada/Italien), Sylvie Tourangeau
(Kanada), Boris Nieslony (Deutschland), Aleks Slota (Polen/Deutschland),
Marta Bosowska (Polen), und andere
Anja Ibsch, die erneut hier kuratiert, arbeitet diesmal mit Adri Disman zusammen. Beide legen
besonderen Wert, Räume des Austauschs und der Begegnung zu gestalten, die seit dem Beginn der
COVID-19-Pandemie deutlich weniger vorhanden sind. Ihnen liegt es am Herzen, die
Risikobereitschaft und die Experimentierfreudigkeit der von ihnen eingeladenen KünstlerInnen zu
unterstützen.
ALLES V
Sonja Alhäuser – Michelle Alperin & Joe Neave – Elisabeth Ajtay – Nándor Angstenberger – Martin Assig – Clara Bahlsen – Emiliano Baiocchi – bankleer – Heike Kati Barath – Michael Bause – Kai-Annett Becker – Matthias Beckmann – Christoph Beer – Franziska Beilfuß – Arnold Berger – Holger Biermann – Manuel Bonik – Gunnar Borbe – Patrick Borchers – Kai Bornhöft – Ivan Boskovic – David Braithwaite – Susanne Britz – Simone Brühl – Ingmar Bruhn – Thomas Bruns – Astrid Busch – Dirk Busch – Alexander Callsen – Kyung-hwa Choi-Ahoi – Herbert De Colle – Marula di Como – Chris Costan – Henrike Daum – Dellbrügge & de Moll – Nanett Dietz – Chris Dietzel – Andreas Drewer – Tina Dunkel – Rouven Dürr – Irena Eden & Stijn Lernout – Axel Eichhorst – Manfred Eichhorn – Jürgen Eisenacher – Ether Elia – Dana Engfer – Carola Ernst – Media Esfarjani – Stefan Fahrnländer – Sabine Fassl – Christel Fetzer – Frederik Foert – Franziska Frey – Sabine Friesicke – Catherine Gerberon – Ingo Gerken – Katrin Glanz – Thorsten Goldberg – Kerstin Gottschalk – Massoud Graf-Hachempour – Robert Gschwantner – Kim Dotty Hachmann – Ulrich Hakel – Zandra Harms – Klaus Hartmann – Lisa Haselbek – Ulrich Heinke – Tanja Hehn – Andreas Helfer – Gerhard Himmer – Annika Hippler – Reinhard Hölker – Ralf Homann – Stephan Homann – Alexander Horn – Fabian Hub – Franziska Hünig – Gunilla Jähnichen – Zora Janković – Maarten Janssen – Gabriele Jerke – Uwe Jonas – Yuki Jungesblut – Nikos Kalaitzis – Mi Jean Kang – Judith Karcheter – Peter Kees – Werner Kernebeck – Soo Youn Kim – Annette Kisling – Ulrike & Günther-Jürgen Klein – Susanne Knaack – Win Knowlton – Andreas Koch – Silke Koch – Eva-Maria Kollischan – Karen Koltermann – Sebastian Körbs – Inge Krause – Christine Kriegerowski – Käthe Kruse – Annette Kuhl – Susanne Kutter – Patricia Lambertus – Nina Langbehn – Gesa Lange – Michael Lapuks – Julia Lazarus – Seraphina Lenz – Sabine Linse – Pia Linz – Christine Lohr – Agnes Lörincz – Petra Lottje – Enikö Márton – Rei Matsushima – Matthias Mayer – Udo Meinel – Manfred Michl – Ulrike Mohr – Mariella Mosler – Leo de Munk – Berit Myrebøe – Ursula Neugebauer – Gertrud Neuhaus – Fernando Niño-Sánchez – NOMDEPLUM – Anja Nowak – Gabriele Obermaier – Lorcan O’Byrne – Mayumi Okabayashi – Juergen O. Olbrich – Jürgen Paas – Lydia Paasche – Christina Paetsch – Jürgen Palmtag – Javier Peñafiel – Roman Pfeffer – Pfelder – Andrea Pichl – Torsten Prothmann – Katja Pudor – Emily Pütter – Maria-Leena Räihälä – Andrea van Reimersdahl – Mirja Reuter – Kai Richter – Renée Ridgway – Gerda Riechert – Yannick Riemer – Matthias Röhrborn – Matthias Roth – rasso rottenfusser – Maike Sander – Walter Santoni – Matthias Schamp – Gisela Schattenburg – Sandra Schlipkoeter – Alexandra Schlund – Sylvia Schultes – Richard Schütz – An Seebach – Olivia W. Seiling – Spunk Seipel – Daniel Seiple – Fabian Seiz – Tanja Selzer – Soji Shimizu – Soyoung Shon – Martina Siefert – Hildegard Skowasch – Elisabeth Sonneck – Jan-Peter E.R. Sonntag – Christina Speer – Petra Spielhagen – Ute Sroka – Anne Staszkiewicz – Alexander Steig – Gabi Steinhauser – Christian Stock – Stock’n’Wolf & Ritterskamp – ststs – Betty Stürmer – Lorant Szathmary – Thea Timm – Peter Torp – Tim Trantenroth – Petra Trenkel – Lukas Troberg – Andrea Übelacker – Anne Ullrich – Timm Ulrichs – Marc Vidal – Anke Völk – Ivo Weber – Albert Weis – Ute Weiss Leder – Markus Willeke – HS Winkler – Andreas Wolf – Markus Wüste – Barbara Zenner – Julia Ziegler – Sandra Zuanovic – H.H. Zwanzig
Foto: Katrin Glanz, Hitzepickel 3.0, 2022, Videostill
Beiträge zu ALLES V
Michelle Alperin & Joe Neave
Every Breath Becomes A Sigh, 2023, 0:21 min
Andreas Drewer
c-mass, 2022, 5:04 min
Dumpfer Herzschlagrhythmus, ein körperloser Kopf lässt die Lippen tonvoll schlabbrig vibrieren. Die Frequenz steigert sich, bis der schwarze Bildgrund durch sich abwechselnde Filmaufnahmen von fünf Personen, die auf ihrem Gebiet äußerst populär waren/sind, ersetzt wird: Influencerin, Schlagersängerin, Reichskanzler, Rapper, US-Präsident. Die verbalen Botschaften der Hintergrundvideos weben zusammen einen Text. Der Kopf überdeckt die Köpfe dieser Personen, folgt den Bewegungen der Körper und produziert fortwährend Geräusche.
Tina Dunkel AUto, 2020, 1:56 min Blick aus einem Fenster auf eine Straße: ein Baum und Verkehr. Die Video-/Soundarbeit AUto ist während eines Residenzaufenthalts in Auseinandersetzung mit der besonderen akustischen Situation vor Ort sowie dem Nachdenken über „Noise“ und „Natur“ entstanden.
Katrin Glanz Hitzepickel 3.0, 2022, Eine performative Intervention im Rahmen der Ausstellung 2052–Kunst zur Klimakatastrophe, kuratiert von Raimar Stange, Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin 2022
Peter Kees
Goldenes Kalb, 2023, 6:42 min
Im Golf von Triest liegt die größte Segeljacht der Welt, die Oligarchenjacht „Shilling Yacht A“, auch bekannt unter dem Namen „White Pearl“. Beamte der italienischen Finanzpolizei setzten die Jacht im März nach Ausbruch des Ukraine-Krieges fest. Wie ein Fremdkörper liegt das Schiff nun seit über einem Jahr vor der norditalienischen Metropole. Die Jacht soll dem russischen Milliardär Andrej Melnitschenko gehören, der nach Russlands Invasion in die Ukraine auf eine EU-Sanktionsliste kam. Sein Vermögen wird auf 27 Milliarden Euro geschätzt. Wert der Jacht: 530 Millionen Euro. Länge des Bootes: 143 Meter.
Brauchen wir Kriege, weil wir zu viele auf der Erde sind?
Ton: Orgelimprovisation an der Rieger-Orgel der Nürnberger St. Egidien-Kirche
Soo Youn Kim
Sound of March 2021, 2021, 4:20 min
Eine künstlerische Untersuchung
Bereits während ihres Studiums der bildenden Künste spielten Konzepte wie Zeit und Schöpfung für die aus Südkorea stammende Künstlerin Soo Youn Kim eine zentrale Rolle.
In beiden Begriffen berühren sich Natur und Kultur. Der Auf- und Untergang der Sonne und des Mondes sind kosmische Zeitpunkte, die uns die schöpferische Kraft des Universums verdeutlichen.
Sie werden von der Künstlerin mithilfe des Quintenzirkels in Töne umgewandelt. Die Kombination dieser vier besonderen zeitlichen Momente stellt sich für jeden Tag neu dar und klingt daher auch stets anders.
Die Zeit fließt, die Zeit ist hörbar.
Der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten bedeutet für Soo Youn Kims Werk nicht bloß die regelmäßige Zirkulation der Natur, sondern ein Changieren der Farbräume.
Die Zeit fließt, die Zeit ist sichtbar.
Julia Lazarus
Die Brüchigkeit der Spielerinnenkörper, 2011, 9:20 min
Die Kamera beobachtet in ruhigen Einstellungen den Trainingsalltag der deutschen National11 der Frauen. Der Fokus liegt auf dem Spannungsverhältnis von persönlichem Ehrgeiz, Zielbewusstsein und körperlicher Leistungsfähigkeit der Athletinnen. Während die dokumentarische Kamera die Verbesserung der sportlichen Leistungen beobachtet, wird sichtbar, dass der Optimierung des Körpers für den Wettkampf Grenzen gesetzt sind.
Maria-Leena Räihälä
AVANTI NATURA!, 2020-21, 2:04 min
Morgenvogel version of Avanti Popolo – Bandiera Rossa
Voice: Theresia Suckow and the Blackbird
Renée Ridgway
Black Bloc vs Black Box, 2020, 11:30 min
Dieses einkanalige Video beginnt damit, Galloways Definitionen der „Black Box“ und des „Schwarzen Blocks“ mit Text und Bild zu beleuchten, und überträgt dann seine Frage auf Kasimir Malewitschs Schwarzes Quadrat. Das Video wird durch rotierende Kästen oder Blöcke mit Übergängen in Powerpoint-Software veranschaulicht und zeigt kumulativ die Ergebnisse – die „Auswirkungen“ der Suche mit Google und Tor. Ausgangspunkt ist der Ausschnitt einer Zeichnung mit schwarzer Tinte auf weißem Papier, in deren Mitte kreisförmig „Datensubjekt“ geschrieben steht. Das Video schwenkt durch handgeschriebene „Subjektivitäten der Suche“ (Technology of the Self, Homoeconomicus, Neoliberal Subject, Interpellated Subject, Trusted User, Impressionable Subject, YOUs, Digitales Subjekt, Datenstaub, maschinenähnlicher Anderer, Cyborg, Cyberorganisation) auf der rechten Seite und ‚Agenturen der Anonymität‘ (Online-Enthemmungseffekt, Ich habe nichts zu verbergen, Pseudonymität, Online-Persona, K-Anonymität, Verschleierung, TrackMeNot, AdNauseum, Unerreichbarkeit, Techno-Elitismus, TAILS, Algorithmischer Anonymer Benutzer) auf der linken Seite. Bei der schrittweisen Einblendung von abwechselnden „Subjektivitäten der Suche“ und „Agenturen der Anonymität“ erscheint ein Zitat eines renommierten Wissenschaftlers (z. B. Foucault, Suler, Haraway, Nissenbaum, Chun, Gehl, Goriunova, Introna, Boyd), das oft die jeweilige „Subjektivität“ oder „Agentur“ zitiert. Im weiteren Verlauf des Videos drehen sich die aufeinanderfolgenden Blöcke zwischen den einzelnen Wörtern auf den Listen symbolisch nach links oder rechts, so dass langsam die gesamte Zeichnung mit Schlussfolgerungen „von unten nach oben“ und „von oben nach unten“ enthüllt wird, die diese „kritische Kartografie“ (Joler 2019) erklären – der schwarze Block (Agenturen der Anonymität) versus die Black Box (Subjektivitäten der Suche).
Christina Speer
Isabelle Huppert-Secret Thoughts, 2009, 4:45 min
Musik: Serge Gainsbourg/Jane Birkin, Nick Cave/Anita Lane
Alexander Steig
CUT TO (Lingshi-Park), 2013, 6:53 min
Erscheinung
Zu sehen ist ein alter Mann, der in einem herbstlichen Park in Shanghai konzentriert Diabolo spielt.
Nach dreieinhalb Minuten beendet der Mann seine Übung und es erfolgt ein harter Schnitt auf den ihm gegenüberliegenden Teich des Parks. Zu sehen die Wasserspiegelung des Nachbaus eines alten chinesischen Teehauses und einer Brücke, dahinter ein neuer Wohnblock, dessen Giebel die alte Architektur aufgreift, parallel dazu eine Allee von Lebensbäumen. Eine plötzliche Bewegung im Wasser bringt das Bild in einen liquiden Auflösungsmoment. Nach einiger Zeit ist das Paradoxon des instabilen Status Quo wieder hergestellt.
Hintergrund
Das Diabolo ist eine der ältesten bekannten Jonglierrequisiten. So gibt es Überlieferungen, wonach es bereits 1766 v. Chr. Diabolo-Spieler in der Shang-Dynastie gab. In China heißt das Spiel Kouen-Gen (den Bambus pfeifen lassen) und wurde seit alters her aus Bambus gefertigt. Während der Rotation in der Luft surren die Doppelkegel- oder Scheiben dank hoher Drehzahl und Löchern am Außenrand. In Südost- und Ostasien wird das Erzeugen des Surrens als erstes Lernziel angestrebt, bevor man sich die eigentlichen Spielkunstgriffe aneignet.
China erlebt seit den frühen 90ern starke ökonomische Umwälzungen. Tradition, kulturelle Identität und Kontinuität sind spätestens seit der Kulturrevolution ideologischen Vorgaben unterworfen. Der sich redlich bemühende alte Spieler, kann u. U. als verklärendes Sehnsuchtmotiv nach Fortschreibung einer verlorenen Tradition gesehen werden. Der harte Schnitt auf die neue Szene, in Drehbüchern als CUT TO gekennzeichnet, bricht die Idylle des selbstvergessenen Spielers ab um zu der anderen Idylle zu gelangen: Die Spiegelung im Wasser erinnert ebenfalls an das „alte China“ wobei der Neubau dieses “sentimentale Ensemble” von Wasser, Teehaus und Brücke mit Bäumen dominiert. Geeint werden beide Szenen durch die Hintergrundgeräusche von massivem Verkehrsaufkommen und Vogelgezwitscher.
Die Aufnahme entstand spontan auf einem Recherche-Spaziergang nahe des FCAC. Alexander Steig hat nur wenige Videofilme gedreht, alle sind als Plansequenz und in einem Take (ohne Schnitt) aufgenommen. Ansonsten ist der Künstler für seine Closed-Circuit-Videoinstallationen (CCTV) bekannt, die 24/7 ein ungeschnittenes Bild zeigen.
Stock’n’Wolf & Ritterskamp
Our House, 2006, 8:24 min
Our House – ein destruktiver Tanz durch die Geschichte der performativen Kunst, mit unter anderem Chris Burden, Gordon Matta-Clark, Timm Ulrichs, Niki de Saint Phalle und Joseph Beuys.
Astrid Busch
Watching Tanker, 2022, 26:49 min
Die Hafenstadt Le Havre im Norden Frankreichs ist besonders stark von der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs geprägt. Mich haben bei zahlreichen Aufenthalten neben der Nachkriegssarchitektur des Architekten Auguste Perret auch der Hafen und die in hoher Frequenz einfahrenden Containerschiffe interessiert, die diese Stadt neben Gütern auch mit Hoffnung, Träumen und Sehnsucht versorgen. Deshalb beschloss ich, selbst den Seeweg dorthin zu nehmen und mit einem Containerschiff in diesen Hafen einzufahren.
Die Meere verknüpfen schon immer die Welt, denn auf ihnen bringen Schiffe Güter und Menschen in die entlegendsten Gegenden. So haben sie vielfältige Funktionen als Transport- und Kommunikationsraum, sowie als Sehnsuchts- und Erinnerungsort.
Es gibt kaum einen anderen Ort als ein Schiff, an dem Aberglaube, Seemansgarn und Romantik so hart auf den realen Arbeitsalltag prallen. Vom Meer umgeben, verliert sich schnell das Gefühl für Zeit, Proportionen, Geschwindigkeit und Entfernungen. Der Übergang von Realität zu Fiktion innerhalb der Welt auf See ist fließend. Nicht nur metaphorisch ist das Schiff, das auf See einen in sich abgeschlossenen Raum bildet, über die Erzählungen und das Frachtgut mit allen Häfen und Zeiten verbunden.
Astrid Busch 2022
26. April bis zum 25. Juni 2023
Astrid Busch
world in minds
Früher kam die Welt mit den Schiffen in die Stadt, heute sind sie abgeriegelte Bereiche und gelten nur noch im Geiste als Tore zur Welt. Mit der Ausstellung „world in minds“ versetzt Astrid Busch die Besuchenden in die Großhäfen von vier Städten. Sie nähert sich künstlerisch der Geschichte und Gegenwart der Häfen von Hamburg, Antwerpen in Belgien, Le Havre in Frankreich und Istanbul in der Türkei sowie dem Takt ihres Schiffsverkehrs. Indem sie verschiedene Medien und Zeitebenen verknüpft, entsteht ein dichtes Netz an Bezügen und eine Vielfalt möglicher Lesarten. Sie baut Settings aus Installationen und Objekten, Fotografie und Film, Projektion und Papierarbeiten, mit denen Sie die Orte auf ihre sinnliche Wahrnehmbarkeit und ihre Wirkung auf den Menschen untersucht.
Astrid Busch studierte Freie Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Ihre Werke waren unter anderem in Ausstellungen im Maison des Arts Solange-Baudoux in Évreux, Frankreich, im Modern Art Museum in Jerewan, Armenien, im Hetjens-Museum in Düsseldorf, im Museum Kunst der Westküste auf der Insel Föhr, sowie im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen.