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Sozialer Wohnungsbau und Selbsthilfe

ab Januar 2017





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Sozialer Wohnungsbau und Selbsthilfe

Der Architekturbereich möchte Diskussionsanlass und Ideengeber sein in einer Zeit, in der Lösungen gesucht werden müssen, wie städtisches Wohnen auch für „Normalverdiener*innen“ bezahlbar bleiben kann.

Bei der Ausstellung geht es um Möglichkeiten der Selbsthilfe, die einerseits zu einer Kostenreduktion beim Bauen eingesetzt werden kann, aber auch mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten (Grundrisse etc.) ermöglicht. Andererseits können bestehende Verhältnisse durch die individuelle und/oder kollektive Selbsthilfe verbessert/transformiert werden. Sie werden so den geänderten Ansprüchen angepasst, so dass Planungs-/Finanzierungsschwächen kompensiert werden.

Gezeigt wird eine Reihe von Grundrissen. Nicht nur historische Entwicklungen der Wohnungszuschnitte und -größen, sondern vor allem verschiedene Möglichkeiten werden aufgezeigt und so in die etwas abstrakte Welt der Grundrisszeichnungen eingeführt. Es steht ein Handapparat bereit, der einen Schwerpunkt auf Grundrisse legt, um einen Anfang zu setzten, sich mit der Frage zu beschäftigen: „Wie wollen wir wohnen?“. Hier geht es vor allem um den Platz, den wir brauchen und bezahlen können. Welche Zuschnitte wären für welche Lebensphasen wünschenswert, wie flexibel sollen sie sein? Arbeiten und Leben wächst zusammen, Lebensentwürfe verändern sich, soziale Strukturen zerfallen, Vereinsamung nimmt gerade im städtischen Raum zu. Auch hier kann Architektur zum Beispiel durch offene Strukturen, Wohnformen, gemeinschaftliches Handeln helfen.

Anhand des Beispiels „Wohnen im Wandel“ werden Möglichkeiten dargestellt, dass gemeinschaftliches Handeln eine Verbesserung/Erweiterung der Bestandsbauten herbeiführt. Katharina Kirsch-Soriano da Silva zeigt in Ihrer detailreichen Arbeit über drei Bezirke in Recife (Brasilien) wie durch einfache Eingriffe wie Einfriedung/Dachöffnung etc. und komplexere wie Anbauten, die Qualität der Siedlung erhöht werden kann und wie flexibel die in Großsiedlungen meist als starren Form begriffenen Strukturen sein können.

Die Villa Verde von Elementa, eine Reihenhaussiedlung in Chile, zeigt, wie es möglich ist, durch den Einsatz von Selbsthilfe, ein größeres Raumangebot zu schaffen. Für die Architekten stellte sich die Frage, wie sie den angenommenen Bedarf von ca. 80 qm für eine Familie mit den vorhandenen Geldern decken kann, die nur für 40 qm ausreichen. Die einfache wie geniale Idee war es, die Hälfte fertig zu bauen, für die andere aber die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen (Boden, Dach, Balken für das Geschoss). Die  Erdbebenopfer, für die diese Reihenhaussiedlung gebaut wurde, konnte so die andere Hälfte selbst fertig stellen, je nachdem wie viele Mittel sie zur Verfügung hatten, dauerte dies unterschiedlich lange.

Eine radikale Idee einer Flüchtlingsunterkunft, die komplett im Selbstbau hergestellt werden könnte, kommt von Student*innen der HTW Saar. 2015 haben sie in drei Tagen eine Hütte (Mini-Wohnhaus) aus handelsüblichen Baumaterialien (OSB-Paletten, Euro-Paletten etc.) für 2.500 Euro gebaut. Mit Hilfe einer Bauanleitung könnte dieses einfach nachgebaut werden und so Siedlungen, etwa auf Brachflächen, entstehen. Hier spielt nicht nur der Ansatz der Selbsthilfe eine Rolle, sondern auch die Möglichkeit der Selbstorganisation der Siedlungsstruktur. Abgesehen von der Idee, eine günstige aber individuelle Unterkunftsmöglichkeit für Geflüchtete bereit zu stellen, zeigt dieser Ansatz, dass sehr günstiges Bauen durchaus möglich ist.

Fotos: Thomas Bruns

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