hochhaus_home





Hochhaus_logo

Bild: Steglitzer Kreisel, Uwe Jonas 2022
Photo: Thomas Bruns

Was ist möglich? (2023/24)

Nach Jahrzehnten steigender Immobilienpreise ist der Markt „eingebrochen“, nicht wirklich, aber um gut 10 bis 20 Prozent billiger als noch vor einem Jahr. Was sich zunächst gut anhört, belastet den Mietmarkt weiter und die Gründe für den Einbruch, steigende Zinsen und Baukosten, führen zu einem starken Rückgang im Wohnungsbau. Im Zuge der Diskussionen um Energiepreise, Heizungsarten und gleichzeitig steigenden Baukosten wurde in letzter Zeit viel über Standards, optimalen Hausbau und notwendige Sanierungsmaßnahmen gesprochen. Vereinfacht lässt sich derzeit sagen: Die Mietpreise in den Ballungsräumen werden weiter steigen, zu wenig Neubau und aufgeschobene bzw. geplatzte Träume vom Eigenheim, die Preise für Wohneigentum werden wieder steigen, bei steigenden Finanzierungskosten. Hinzu kommen Überlegungen zur energetischen Sanierung von Gebäuden, die weitere Kostensteigerungen befürchten lassen, ganz abgesehen von den stark schwankenden Energiekosten.

Abgesehen von den Möglichkeiten des informellen Bauens, die sich wie ein roter Faden durch die Betrachtungen im „Raum für Architektur“ ziehen und für die vor allem der Neuzugang der pakistanischen Architektin Yasmeen Labri einige Anregungen bietet, liegt der Schwerpunkt auf dem einfachen und traditionellen Bauen. Neben thematischen Essays zur globalen Architektur gibt es eine Serie zur Architektur in Sub-Sahara-Afrika (Sub-Saharan Africa. Architectual Guide), die den Status quo von traditionell bis modern für diese Region beschreibt, sowie einem Buch zur Architektur des srilankischen Architekten Geoffry Bawa. Ziel ist es, mehr über Architektur und Bauen im Allgemeinen zu erfahren, um die deutsche Realität besser reflektieren und vor allem „andere“ Lösungen finden zu können.

Ein weiteres Beispiel aus der Welt der Architektur ist die indische Architektin Anupama Kundoo, die schon seit vielen Jahren in Berlin lebt, aber wie einige andere bekannte Architekt*innen nicht in Deutschland, bisher nur in Indien, gebaut hat. Als Grund dafür wird oft genannt, dass es in Deutschland schwierig bis unmöglich sei, innovativ zu bauen, da die vielen Vorschriften dies nicht zuließen. „Zu Experimenten und Innovationen wird man hier nicht ermutigt, auch nicht an den Hochschulen. (…) ‚Der Westen hat das riesige Nachhaltigkeitsproblem geschaffen, weil er so viel mehr Energie verbraucht als alle anderen. Deshalb muss er sich ändern‘, sagt Kundoo. Entweder müsse er immer neue Dinge erfinden, die noch effizienter sind. Aber was bringt es, die Dinge immer perfekter zu machen, wenn es Dinge sind, die man vielleicht gar nicht braucht? Die Architektin schlägt stattdessen vor, ‚mit der Hälfte glücklich zu sein, die man hat‘. Aus Indien kommend kann ich sagen: Viel Geld bedeutet nicht unbedingt, dass die Party gut wird. “ (SZ 22.09.2023)
Wie geht es also weiter? Alle Diskussionen laufen auf eine Vereinfachung des Bauens hinaus. Dies führt einerseits unter Verwertungsinteressen zu einer Vereinfachung/Verbilligung des Bauens bei gleichzeitiger Verschlechterung der Qualität (auch der Energieeffizienz), was zu höheren Gewinnen auf Seiten der Bauträger und höheren laufenden Kosten für die Nutzer*innen führen kann. Auf der anderen Seite können sich aber auch neue Möglichkeiten für „einfaches“ Bauen und auch für „Selbermachen“ ergeben, d.h. teilweise informelle Bauweisen können einen tragfähigen rechtlichen Rahmen bekommen. Ein gutes Beispiel dafür ist Walter Segal, der in den 70er Jahren in England „Selfbuilding Communities“ geplant und umgesetzt hat.

Das Schlagwort des einfachen Bauens gewinnt in der Diskussion in Deutschland an Boden, insbesondere durch die Forderung der Bayerischen Architektenkammer nach einem neuen Gebäudetyp E. Diese Initiative geht zurück auf den Lehrstuhl für Entwerfen und Konstruieren von
Florian Nagler an der TU München, der mit seinen Forschungsbauten in Bad Aibling praktisch erprobt, wie einfaches Bauen funktionieren könnte. Bei diesem Stichwort zucken Architekt*innen immer wieder zusammen, weil sie meist an eine Verschlechterung vor allem der Raumqualität und der Energieeffizienz denken, was aber bei den drei vorgestellten Bautypen gar nicht der Fall ist. Es lohnt sich also, in die Materie einzusteigen und sich die Broschüre „Einfach Bauen“ etwas genauer anzuschauen.