hochhaus_home

Videoprogramm zu ALLES II





Hochhaus_logo

Bild: Uwe Jonas

Videoprogramm zu ALLES II

 

rage de passage“

bankleer

6:40 min, 2012

Hintergrund der Arbeit ist die Entwicklung der westlichen Demokratien hin zu einer Konsenspolitik der Mitte, ohne wirkliche Konfrontation. Wir teilen die Meinung von Simon Critchley,  dass Zorn und Empörung grundsätzlich die Chance bieten, den Raum für etwas Neues zu öffnen, um dann engagiert für eine politische Mehrheit zu kämpfen.

Gründe gibt es derzeit viele, …das ungerechte Finanzsystem, die Verdrängung und Ausgrenzung armer Bevölkerungsschichten, die ungerechte Gesellschaftsordnung…

„Das Kernstück der Politik bildet meiner Meinung nach die anarchistische Praxis des demokratischen Dissens, artikuliert im Umfeld einer ethischen Forderung, die in einer Situation herrschender Ungerechtigkeit erhoben wird und Zorn hervorruft, in meinen Augen die erste politische Empfindung“ (Simon Critchley, Unendlich fordernd. Ethik der Verpflichtung, Politik des Widerstands. Zürich – Berlin 2008, S. 111.)

Ort der Auseinandersetzung ist ein sich in ständigem Umbau und unter zunehmender Kontrolle befindender repräsentativer innerstädtische Raum. Dieser Umbau wird geprägt durch massiven Einsatz von Glasfassaden.

Gläserne Fassaden suggerieren, alles sei transparent, durchsichtig, offen, kontrollier – und einsehbar. Der einsehbare Arbeitsplatz wird zu einer Bühne oder einem Dauerwerbespot. Ausgeblendet bleiben dabei die ausbeuterische globale Arbeitsteilung und deren Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern oder Arbeitskämpfe. Die Blickführung erlaubt einen Einschluss des Blicks bei gleichzeitigem Ausschluss der Körper. In dieser visuell durchlässigen aber dennoch räumlich trennenden Architektur darf nur der ästhetische Blick zirkulieren, der körperliche Zugang bleibt verwehrt. Uns interessiert besonders diese Gleichzeitigkeit von Ein- und Ausschluss, dass hier Sichtbarmachung als Ausblendung funktioniert, welche Realitäten dabei auf der Strecke bleiben, und wie diese Grenze körperlich erlebbar gemacht werden kann.

dans la tėte de l’artiste“

Berthold Bock

15 min, 2013

Die Idee zu diesem Projekt entstand als Essenz eines Stipendienaufenthaltes in Budapest.

Die melancholische Stimmung, die diese Stadt in den letzten Tagen des Herbstes bestimmte, bewirkte eine intensive Beschäftigung mit der Nacht. Mit den märchenhaften, den unheimlichen Stunden des Mondes.

Die Entwicklung einer weißen Leinwand in das Dunkle hinein faszinierte so sehr, dass ich damit begann diesen Prozess bei einigen meiner Bilder filmisch zu dokumentieren. Hierbei entstand die Idee und das Buch zu diesem Malerei-Filmprojekt: der Versuch einer filmischen Übersetzung zur Entstehung eines Bildes. Anders als bei dem Film von George Clouzot über die Malerei von Picasso, die auf eindrucksvolle Weise das Entstehen von Malerei dokumentiert, begann mich der innere Dialog des Künstlers mit sich selbst zu faszinieren und die absoluten Unwägbarkeiten, bis ein Gemälde das Licht der Welt erblickt. Eine fiktive, traumhafte, athmosphärische Darstellung des berühmten künstlerischen Flows.

Der Film zeigt einen Maler in seinem Atelier, der gerade eine neue weiße Leinwand grundiert und nach deren Fertigstellung in sich geht, um noch einmal zu überlegen, welches Motiv er genau wählen und in welchen Rhythmen er den Malprozess gestalten wird. Der Maler beginnt zu zweifeln, wird die Augen für eine Weile schließen, wird einschlafen. Und wir begeben uns in seine kreativen Traumwelten, bis wir begreifen, über welche surreale Umwege ein gemaltes Bild entsteht und mit welchen inneren Auseinandersetzungen dieser Prozess verbunden ist.

STAR WAS SHIFTING

Andreas Drewer

4:06 min, 2016

Was ist menschlich, was ist natürlich? In dem ca. 4-minütigen Video (ohne Ton) geht es auf der dokumentarischen Ebene um das Eindringen in Räume, die zuvor anders definiert schienen. Jeder Fortschritt ist eine Form der Eroberung und Verdrängung*, insofern es keine ungenutzten Räume gibt, sondern immer nur Räume, die von bestimmten Spezies oder Ideen bisher nicht erschlossen wurden.
Das ursprünglich dokumentarische Material wird durch digitale Bearbeitung fiktionalisiert. Die Art und Weise, wie erzählt wird, spiegelt nicht nur die Beobachtung, sie spiegelt auch unseren Umgang mit analogen und digitalen Begrenzungen des Raumes als Lebens-, Bild- und Deutungsraum.

*Morsche oder kranke Bäume sind ideale Nistmöglichkeiten für Spechte, sie werden aber aus Sicherheitsgründen auf von Menschen genutzten Flächen gefällt. So sind die Spechte gezwungen, sich neue Räume zu erschließen. Wärmegedämmte Fassaden klingen für den Specht wie morsche Bäume und lassen sich entsprechend bearbeiten. Spechte hacken sich jedes Jahr eine neue Nisthöhle, die ungenutzten Behausungen werden z. B. von Staren bezogen.

Darling show me where the cedars grow”

Dana Engfer

4:25 min, 2018

Eine zehntägige Reise durch den Libanon im Jahr 2017 ist Ausgangspunkt für Dana Engfers Videoarbeit “Darling show me where the cedars grow”. Fragmentarisch hat sie Videoaufnahmen ihres Aufenthalts zu einer komplexen Videocollage zusammengefügt. Engfer ist auf ihrer Spurensicherung der Frage nachgegangen wie man persönliche Erinnerungen festhalten und in eine vielschichtige Lesbarkeit transformieren kann.

Der Musiker Hanno Stecher (Kalpour) hat dazu Sounds entwickelt.

Was tun?“

Katrin Glanz

24:02 min, 2018

Von April 2017 bis Januar 2018 führte Katrin Glanz spontane Interviews mit Personen aus unterschiedlichen Berufsfeldern zu der Frage. „Was würden Sie mir als bildende Künstlerin in der heutigen Zeit raten, zu tun?“

Die Antworten nahm sie mit der Handykamera auf.

ICH, MEIN NACHBAR“

Heike Hamann

16 min, 2003 – 2015

Mich interessierten die akustischen und visuellen Überlappungen paralleler Welten. Menschen, die durch den Wohnort verbunden sind, durch dünne Wände und nahe Fenstereinblicke, aber ansonsten keine sozialen Kontakte pflegen. Man lebt anonym nebeneinander, hat aber sehr intime Eindrücke von dem Leben des Anderen. Die Phantasien und Interpretationen, die zu dem Wahrgenommenen entstehen, führen zu extremen Charakterprofilen, die uns selbst spiegeln. Sprecher: D. Kuwerts, D. Albrecht, Frau Rohde, I. Forst, T. Abel, H. Hamann

ass peeping“

Anna Jermolaewa

4:14 min, 2003

Der Catwalk, den Anna Jermolaewa lustvoll und ironisch inszeniert, ist das alltäglich-banale Treiben auf der größten Shoppingmeile Wiens, der Mariahilfer Straße. In voyeuristischer Manier fokussiert Jermolaewa auf den Teil des Körpers, der bei Frauen und Männern gleichermaßen einem sexualisierten Blick unterworfen ist: das Hinterteil. Anders als beim heimlichen nächtlichen Vergnügen der Peepshows hinter verschlossenen Türen richtet die Künstlerin die Kamera am helllichten Tag direkt und unverstellt auf dicke, dünne, lange, breite, knackige und wabblige Kehrseiten von Passanten in ihrer bunten Vielfalt und in unterschiedlichem Beinkleid und rückt damit den täglichen Konkurrenzkampf der Körper vor dem Hintergrund sozialer und kultureller Bedingungen ins Blickfeld. (Alexandra Hennig)

Ist mein Brief angekommen?“

Verena Kyselka

4:15 min, 2018

Mein Vater war für mehr als vier Jahre inhaftiert, bis ihn Westdeutschland im Jahre 1981 freikaufte. Ich schrieb ihm täglich einen Brief in das Gefängnis. Er wurde mein enger Vertrauter, dem ich alles erzählte. Dabei war mir gleichgültig, dass die Briefe gelesen und analysiert wurden bevor er sie bekam. Während des letzten Besuchs gab er mir die Briefe zurück, die ich ihm in der gesamten Zeit geschrieben hatte…

LIFE IN NOODLES“

MAFUTU & JO NORMAL (Max Sudhues & Johanna Thompson)

4:36 min, 2018

Lied und Video handeln von einer Ewigkeit aus Nudeln, aus der es kein Entkommen gibt. In all ihren Varianten, Formen und Aggregatszuständen ist sie doch immer noch Nudel. Die Nudel, die uns mit sich hinabzieht ins Vergessen, wenn sie im brodelnden Salzwasser-Meer versinkt. Dieses Leben ist ein köstliches und schreckliches Los.

Manipulating Currency“

Scott Clifford Evans

14 min, 2016

Changing the point of perspective on banknote faces makes them visible again, pointing out how they promote a certain cultural identity and economic agenda. If one “manipulates” this currency, icons from old regimes and ideologies–—a frowning Saddam Hussein, a grinning Mao Zedong–—comically expose indoctrination via banknote.

Landnahme (L’ursupation)“

Ute Weiss-Leder

6:06 min, 2014

Das Video ist 2014 als Reaktion auf die Gedenkfeiern zum 100jährigen Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 und vor der großen Flüchtlingswelle 2015 entstanden.

Vor „Europas Haustür“ entbrennen mehr und mehr Kriege, tausende Menschen werden getötet, zur Flucht gezwungen, Familien werden zerrissen und traumatisiert. Und wieder werden wir durch tägliche Bilder und Berichte in unserer Haltung gegenüber kriegerischer Auseinandersetzungen manipuliert.

„Wir“ und „sie“, „Good Guys and Bad Guys“ ist die mediale „Ausflaggung von Freund und Feind“, die der österreichische Schriftsteller und Sprachkritiker Karl Kraus schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs als „Einfluss und Schuld “ der Medien beschrieben hatte. So werden Ereignisse des Krieges nach Kraus „sichtbar oder unsichtbar, fühlbar oder unfühlbar“ gemacht. Wir sind einer

täglichen Propaganda, Ideologisierung und Parteinahme ausgesetzt. Als Künstler, die wir mit Bildern oder Sprache arbeiten, können wir versuchen, vorgegebene Perspektiven zu verschieben gegen die „Normalisierung des Krieges“, gegen die Bilder von „Freund und Feind“.

Wir sollten den Versuch unternehmen, Bilder und Berichte von unterschiedlichen Punkten aus neu zu lesen, zu fragmentieren, um zu irritieren oder Bilder aus einem unvorhergesehen Winkel neu zu betrachten.