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Bild: Za Zelazna Brama, Heidrun Holzfeind, Filmstill 2009

Filmreihe im Rahmen des Jubiläums 50 Jahre Fennpfuhl

50 Jahre Utopie

Eine Filmreihe zu gebauten Utopien, deren Scheitern und anderen Entwicklungen.

Donnerstag, 8. September 2022 um 19 Uhr

Za Zelazna Brama, Heidrun Holzfeind (USA/Polen/Österreich 2009, 55 min)

Nine Palms, Christoph Draeger, Heidrun Holzfeind
 (Österreich/Indien 2018, 23 min)

Wie lebt es sich in gebauten Symbolen des sozialen und technischen Fortschritts? Heidrun Holzfeinds Dokumentarfilm Za Zelazna Brama (Hinter dem Eisernen Tor) erlaubt einen Einblick in das Alltagsleben der Bewohner*innen von 19 Wohnblöcken, die zwischen 1965 und 1972 im Herzen von Warschau nach modernistischen Prinzipien errichtet wurden. Dort, wo einst Arbeiter*innen, Akademiker*innen und Funktionär*innen zu Hause waren, wohnen Ende der Nuller Jahre vorwiegend Rentner*innen, junge Ehepaare und Studierende. Sie öffnen ihre Wohnungstüren und sprechen über die Vorzüge und Nachteile einer Architektur, die per Gesetz 11 qm Wohnraum pro Person vorsah. Den zweiten Film des Abends, Nine Palms (Neun Palmen), drehte Heidrun Holzfeind zusammen mit Christoph Draeger im Rahmen eines groß angelegten Ausstellungsprojekts über die im Jahr 1968 von der französischen Philosophin Mira Alfassa (aka die Mutter) gegründete internationale Siedlungsgemeinschaft Auroville im Südosten Indiens. Am Beispiel einer deutschen Familie, die ein Stück Land in Auroville nachhaltig bewirtschaftet, gehen Draeger und Holzfeind der Frage nach, ob und wie die 50 Jahre alten Ideale des sozialen und städtebaulichen Experiments in der zweiten und dritten Generation fortwirken.

Ausgewählt von Florian Wüst. Anschließendes Publikumsgespräch mit Christoph Draeger und Heidrun Holzfeind.

Donnerstag, 6. Oktober 2022 um 19 Uhr

Nele Saß zeigt einen Film von Axel Ranisch

Dicke Mädchen (Deutschland 2012, 76 min)

Der Debutfilm von Axel Ranisch fungierte als Auftaktfilm eines „Sehr guten Manifestes“, einer Erklärung deutscher Filmemacher*innen als Aufruf zu mehr Experiment, Intuition und Wahrhaftigkeit beim Filmemachen, wonach gute Filme – so wie man es von den amerikanischen Mumblecore-Filmen (die im Manifest nicht erwähnt werden) kennt – nicht vom Budget abhingen, sondern von einer ‚intakten‘ Filmfamilie, ihrem tragikomischen Ansatz und einem für Improvisationen aller Beteiligten offenen, nicht vollendet ausgeführten Drehbuch.

Infolgedessen spielt Dicke Mädchen, ebenso wie Ranischs nächster Film Ich fühl mich Disco (2013) auch im ganz normalen Lichtenberg, konkret im Fennpfuhl, wo Ranisch auch aufwuchs.

Die gerne vorgezeigten ‚Glanz’fassaden des Bezirks – etwa die Trabrennbahn Karlshorst, das Mies-van-der-Rohe Haus, das Don-Xuan-Center oder der Naturhof Malchow bleiben hier außen vor…

Dicke Mädchen handelt von einer Kleinfamilie (im Plattenbau) – dem mittelalten Sven, seiner an Demenz erkrankten Mutter (besetzt mit seiner Großmutter, der Schauspielerin Ruth Bickelhaupt) und Daniel, der während Svens Arbeitszeit auf Edeltraut aufpasst. Das gelegentlich auch auf der Straße spielende Kammerspiel bedient auf verschiedenen Ebenen auch die großen Emotionen und lässt die Entstehung einer echten Liebesgeschichte den Zuschauer quasi hautnah miterleben (denn der Film wurde mit einer Mini-DV-Kamera gedreht) – an dieser wiederum wachsen die Protagonist*innen über sich selbst hinaus, wie man das von Liebesgeschichten kennt. Eine Utopie im Kleinen somit.

Donnerstag, 3. November 2022 um 19 Uhr

Michael Freerix zeigt einen Film von Andrea Luka Zimmermann

Estate, a Reverie (Großbritanien, 2015, 83 min)

Großbritannien unternahm in den fünfziger Jahren Riesenanstrengungen, um den großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nachzukommen. Große Areale mit ‚Sozialwohnungen‘ entstanden, die ansprechenden Wohnraum bei einer niedrigen Miete boten. Doch im Laufe der Jahre sank der soziale Status gerade dieser Wohngegenden, die von sozialer Verwahrlosung gekennzeichnet waren. Schließlich löste die britische Regierung häufig das Problem, indem sie die Wohnareale entmietete und die Häuser abriss, weil Sanierung ‚zu teuer‘ schien und sie auch kein politisches Konzept hatte, wie sich der schlechte Ruf dieser ‚Sozialwohungen‘ überhaupt verbessern ließ. Über einen Zeitraum von sieben Jahren gedreht verfolgt Estate, a Reverie diesen Prozess an Hand eines Sozialwohnungsareales im südlichen London.